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Flugblätter und Broschüren

Ein umfassendes Bild der palästinensischen Gesellschaft

Interview mit Itamar Marcus, Direktor von Palestinian Media Watch

Das Interview führte Jörg Rensmann

J.R.: Mr. Marcus, Sie sind Direktor von Palestinian Media Watch. Würden Sie uns allgemein etwas über Ihre Tätigkeit erzählen?

I.M.: Seit nun fünfeinhalb Jahren werten wir palästinensische Zeitungen und Videofilme aus, übersetzen wir palästinensisches Fernsehen und Signifikantes aus allen palästinensischen Schulbüchern. Unser Ziel ist, ein umfassendes Bild zu gewinnen von dem, was in der palästinensischen Gesellschaft vorgeht in Bezug auf Juden und den Friedensprozess. Wir lesen nicht nur Verlautbarungen von Politikern oder überhaupt Politisches, sondern alles, also auch die Sportberichterstattung, Kreuzworträtsel, Dichtung, sogar Filmrezensionen, um ein komplettes Bild der palästinensischen Gesellschaft zu bekommen in ihrem Verhältnis zu Israel und den Juden.

J:R: Könnten Sie uns einige Beispiele nennen für die Unterstützung der palästinensischen Selbstmordanschläge durch die Autonomiebehörde, wie sie sich in deren Medien niederschlägt?

I.M.: Wir haben eine offene und explizite Glorifizierung der Selbstmordbomber in den offiziellen Medien. Nehmen wir zum Beispiel Wafa Idris, die erste weibliche Selbstmordattentäterin, die für palästinensische Frauen und Mädchen zu einem Symbol geworden ist gerade durch die Autonomiebehörde. Wir sahen Abbildungen junger Mädchen in der Zeitung, Mädchen, die aus der Schule herausgenommen wurden, um auf einem Gedenkmarsch Bilder von Wafa Idris mit sich zu führen und sie durch Gesänge zu ehren. Es gab ein Konzert, das zu Ehren von Wafa Idris stattgefunden hat. Dieses Konzert war im palästinensischen Fernsehen dreimal zu sehen; eine Sängerin besang Wafa Idris folgendermaßen: "Wafa, Schwester, Wafa, Schwester, Du wähltest den Tod und gabst uns das Leben, Du bist jetzt eine Blüte im Himmel ...". Es war die völlige Glorifizierung eines weiblichen Selbstmordbombers.

Wir haben kleine Cartoons in den täglichen offiziellen Mitteilungen der Autonomiebehörde, die das "Heldenhafte" des je zuletzt erfolgten Selbstmordanschlages behandeln und so weiter. Das geht kontinuierlich so.

All diese Artikel beziehen sich immer wieder auf den islamischen Begriff des Shahid, das ist eine Person allerersten Ranges in der gesellschaftlichen Hierarchie, eine Person der höchsten Ehre in der islamischen Gesellschaft, und dieser Begriff wird bezogen auf die suizidalen Mörder.

J.R.: Eine Art Märtyrertum?

I.M.: Es geht darüber hinaus; in der islamischen Tradition steht ein Shahid nach dem Tode auf der höchsten Stufe zusammen mit den Propheten. Es geht nicht nur um Märtyrertum, es geht um mehr, es ist eine sehr, sehr mächtige religiöse Tradition, die andauert und sowohl den Erwachsenen wie den Kindern vermittelt, dass, wenn sie Israel bekämpfen, dabei sterben und zum Shahid werden, sie die höchsten Ehren nach dem Tode empfangen. Der Terror wird mit dem Begriff des Shahid automatisch zusammengebracht, über den Terror werden diese Leute zu Shahids, empfangen diese Leute im islamischen Denken Lohn und Anerkennung.

J.R.: Würden Sie sagen, dass es eine Verbindung zwischen Autonomiebehörde und den antisemitischen Mördern der Hamas und anderer Terrorgruppen gibt?

I.M.: Absolut. Viele der Selbstmordmörder waren von der Hamas, viele von den Al-Aksa-Brigaden, die eine Abteilung der Fatah sind, also Teil der PLO unter Arafat. Es ist eine Tatsache, dass die israelische Armee Dokumente über Spenden für die Al-Aksa Brigaden gefunden hat, unterzeichnet von Arafat. Es gibt eine sehr direkte Verbindung zwischen der Autonomiebehörde und den Selbstmordanschlägen der Hamas, aber mit Sicherheit auch zu denen der Al-Aksa-Brigaden.

J.R.: Was, denken Sie, ist das Hauptziel der gegenwärtigen Autonomiebehörde? Wäre sie mit der Gründung eines eigenen Staates überhaupt zufrieden oder gibt es dahinter ein anderes Ziel?

I.M.: Sie definieren der eigenen Bevölkerung gegenüber auf Arabisch, und das werden Sie auf Englisch nicht hören, die Verhandlungen und den gesamten Oslo-Prozess als einen Prozess zur Schwächung Israels, der Israel komplett zerstören soll. Es gibt die Aussage eines Ministers im palästinensischen Kabinett namens Abd El Aziz Shahian (der Budgetminister, J.R.), der in einer offiziellen palästinensischen Zeitung interviewt und folgendermaßen zitiert wurde: "Die Übereinkunft von Oslo sollte kein dauerndes, verbindliches Abkommen sein, sondern dazu dienen, einen festen Stand zu gewinnen, Fuß zu fassen. Seitdem ist Krieg auf deren Gebiet leichter zu führen als aus der Distanz heraus. Aber unsere Ziele bleiben die der Revolution von 1965." Die "65er-Revolution" wurde ja initiiert, als die West-Bank und der Gaza-Streifen noch Teil von Jordanien und Ägypten waren. Die "65er-Revolution" (d.i. die Gründungscharta der PLO, die dazu aufruft, Israel über den bewaffneten Kampf zu zerstören, J.R.) entwarf die PLO, um Israel zu zerstören. Der Minister sagte nichts anderes, als dass die Ziele nach wie vor die der 65er-Revolution seien, also explizit die Zerstörung Israels. Faisal Husseini (der ehem. Repräsentant der Autonomiebehörde für "Jerusalem-Angelegenheiten", J.R.) sagte das ebenfalls in einem Interview, noch bevor er starb. Er sagte explizit, das Oslo-Abkommen sei ein Trojanisches Pferd, das war sein Begriff, ein Trojanisches Pferd, um hineinzukommen, Palästina würde vom Fluss bis zum Meer reichen. Die palästinensischen Repräsentanten definieren Oslo ihrer eigenen Bevölkerung gegenüber als eine Übereinkunft, um so viel Land zu bekommen wie immer möglich, um Israel durch den Konflikt so weit wie möglich zu schwächen. Sie diskutieren nun in ihren Medien als "Erfolg" des Krieges, dass Israel unter ökonomischem Druck stehe; sogar dass sie mehr Leute verloren haben, stört sie nicht. Wichtig ist es, und das ist das ultimative Ziel, Israel zu schwächen, um es zu zerstören, um es zu eliminieren. Wir haben immer und immer wieder entsprechende Verlautbarungen politischer, akademischer und religiöser Führer ganz Palästinas. Dr. Muhammad Ibrahim Maadi, ein religiöser Führer der Autonomiebehörde, sagt immer wieder im Freitagsgebet, das vom palästinensischen Fernsehen übertragen wird: "Wir werden Haifa als Eroberer betreten, Jaffa als Eroberer betreten, Jerusalem als Eroberer, Ashkalon...", er nennt alle israelischen Städte, und das ist es, was sie ihre Bevölkerung lehren, was zu geschehen habe.

J.R.: Welche Rolle in der palästinensischen Ideologie spielt der Judenhass?

I.M.: Eine signifikante, bedeutende Rolle der palästinensischen Ideologie; ich würde sagen, es ist nahezu der Hauptteil. Palästinenser haben keine Geschichte als Palästinenser, sie haben eine islamische Geschichte, eine arabische, aber es gibt keine genuin palästinensische Geschichte. Es ist eine Tatsache, dass die Menschen bis 1948 gemeinsam mit den Juden Palästinas eine palästinensische Identität hatten. Es gibt keine Dokumentation einer palästinensischen Geschichte, um eine eigene Identität zu konstruieren. Der bedeutendste Anteil der palästinensischen Identität besteht aus Hass. Hass auf Israel, Hass auf die Juden; dies ist nahezu der dominierende Teil der palästinensischen Ideologie.

J.R.: Lassen Sie uns über 1948 reden. Können Sie mir etwas sagen dazu, wie präsent das Bild Al-Husseinis, des Mufti von Jerusalem, für die palästinensische Gesellschaft und für Arafat ist?

I.M.: Arafat hat Al-Husseini, den Alliierten der Nazis, kürzlich als einen Helden für die Massen bezeichnet. Die nationalistischen Führer, die aufgrund ihrer antijüdischen Ideologie Hitler nahestanden, werden nach wie vor verehrt und von der Autonomiebehörde idealisiert.

J.R.: Gibt es aktuelle Umfragen, aus denen hervorgeht, wie viele Palästinenser Israel komplett zerstören und keinen Frieden wollen?

I.M.: Die Mehrheit der Palästinenser will eigenen Umfragen zufolge die ultimative Zerstörung Israels als Ziel. Gewöhnlich wird die Bevölkerung das so nicht gefragt. Die Fragen aktuell beziehen sich auf den laufenden Konflikt; eine Umfrage von vor einer Woche seitens der Autonomiebehörde bezog sich auf die suizidalen Morde; 60% befürworten sie. Die überwältigende Mehrheit derjenigen dagegen, die die Mordanschläge ablehnen, tut dies nicht aus moralischen Gründen, sondern weil die Morde der palästinensischen Sache schadeten. Nennen wir Hanan Ashrawi. Sie hat vor ein paar Monaten eine Petition unterzeichnet, die ein Ende der suizidalen Morde forderte (in der Zeitung Al-Quds, 19.6.2002, J.R.). Darin hat man die Anschläge nicht als prinzipiell falsch kritisiert. Im Gegenteil. "Militärische Aktionen sollten nur beurteilt werden in ihrer politischen positiven oder negativen Wirkung. Deshalb sind wir gegen Selbstmordanschläge". Unter den 40% also, die gegen die Anschläge sind, ist ein signifikanter Teil allein aus taktischen Gründen dagegen. Wir haben eine überwältigende Anzahl von Palästinensern, die die suizidalen Morde befürwortet als taktisches Mittel zur richtigen Zeit.

J.R.: Können Sie etwas sagen zum Missbrauch von Kindern durch die Autonomiebehörde?

I.M.: Die Palästinenser ermutigen ihre Kinder dazu, in vorderster Frontlinie zu stehen. Sie haben sie indoktriniert, den Tod im Kampf gegen Israel als die höchste Erfüllung im Leben zu sehen. Wir haben zahllose Filme, die sich auf den Begriff des Shahid beziehen, Filme, in denen zehn- bis elfjährige palästinensische Kinder, und insofern hat die Indoktrinierung zur Gefühllosigkeit bereits gewirkt, im Fernsehen Shahid als "süß" bezeichnen, die sagen: "Ich will ein Shahid sein, ich will sterben für Allah" und das als persönliches Ziel bezeichnen.

J.R.: In Deutschland leugnen die meisten Menschen und Medien die Verbindung antisemitischer Terrororganisationen wie Hamas und Al-Quaida untereinander.

I.M.: Die ideologischen Verlautbarungen etwa von Hamas und Al-Quaida sind identisch in Begriffen einer langfristig angelegten Ideologie. Hamas konzentriert sich mehr auf Israel, aber sowohl die Hamas wie die palästinensische Autonomiebehörde sprechen von einer globalen islamischen Arbeit. Dr. Muhammad Ibrahim Maadi hat vor einem halben Jahr davon gesprochen, dass die Palästinenser als Allahs Soldaten an vorderster Front stünden in der Schlacht gegen den gesamten Westen. Danach bat er Allah, Israel, Amerika und Großbritannien zu zerstören. Die Palästinenser sehen den Krieg mit Israel als ersten Schritt, als Teilnahme an einer globalen islamischen Aufgabe, die zuletzt den gesamten Westen zum Islam bewegen soll. Dies sei vorherbestimmt, allenfalls eine Frage der Zeit und wenn sie entsprechend agierten, würden sie die Verpflichtungen erfüllen, die sich aus dem Dschihad ergäben.

J.R.: Wie beurteilen Sie den Antiamerikanismus der Autonomiebehörde?

I.M.: Jenseits dessen, was ich bereits ausführte, sieht sich die Autonomiebehörde in besonderer Nähe zum Irak. Sie betrachtet Saddam Hussein sogar als größeren Helden denn Arafat. Jüngste Umfragen belegen, dass Arafats Popularität nicht so groß ist wie die Saddams. Der Grund dafür liegt darin, dass die Leute sich an Saddam als an denjenigen erinnern, der Israel mit Scud-Raketen beschoss. Sie sehen bei Saddam nicht diese für Arafat charakteristische Korruption. Laut dieser Umfrage unterstützen 62-70% der Palästinenser Saddam für dessen Konfrontation mit den USA; Arafat unterstützen nur 40%. Saddam ist eine sehr populäre Figur. Darum sind die USA der palästinensischen Autonomiebehörde so verhasst in Ergänzung zur gesamten übrigen islamischen Welt, die die USA hasst wegen des vergangenen Krieges gegen den Irak. Die Autonomiebehörde verdammt Amerika in ihren Verlautbarungen täglich aktuell wegen eines kommenden Krieges gegen den Irak.

J.R.: Wie waren die palästinensischen Reaktionen auf den 11. September?

I.M.: Wir haben über unseren Verteiler in den zwei Wochen vor dem 11. September mehr an antiamerikanischem Material, wie es von den palästinensischen Medien publiziert wurde, ausgesandt als in den gesamten zwei Jahren davor. Das war sehr auffällig. Das ist Teil einer gesamten, die USA hassenden Atmosphäre, die letztlich zum 11.9. geführt hat, auch wenn der 11.9. lange vorher geplant war. Es gab ein enormes antiamerikanisches Ressentiment in der Autonomiebehörde. Das ist der Grund dafür, warum die Palästinenser auf den Straßen feierten, als das World Trade Center getroffen wurde. Dieser Hass gegen Amerika hatte sich über Wochen, Monate und Jahre aufgestaut, so dass es normal war, dass die Leute den Angriff auf Amerika feierten.

J.R.: Die Bilder feiernder palästinensischer Bevölkerung sind durch die Autonomiebehörde zensiert worden?

I.M.: Das ist richtig, sie wurden von der Behörde zensiert. Die Journalisten, die sie aufgenommen hatten, wurden eingesperrt. Wir haben noch ein paar Bilder. Die Freudentänze waren kein isoliertes Phänomen, sondern zeigen über Jahre vorhandenes Denken. Ein paar Wochen nach dem 11.September veröffentlichten wir einen Bericht: "Palästinensischer Hass gegen Amerika von 1997 bis 2001". Wir dokumentierten den Hass, indem wir zeitlich ein bisschen zurückgingen. Er erwies sich als durchgängig und sehr stark.

Das Interview wurde am 14.01.2003 im Jüdischen Museum Berlin geführt.

Palestinian Media Watch:

http://www.pmw.org.il/


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Letzte Änderung dieser Seite am 18.06.2003 um 15:37 Uhr, 8985 Seitenzugriffe seit 09.06.2003.
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